Abstieg zum Lager und Ruhetag

8. August

Gebirgskamm über dem Sattel

Immer höher geht es über den Geröllhang, um 15:00 Uhr sind wir endlich auf dem Sattel und vor uns eröffnet sich der Blick in den wilden Kessel des Nachbartales. Die Sonne brennt und durch die Schneeschmelze verursacht, stürzen immer wieder riesige Felsbrocken über die steilen Schneehänge ins Tal.
Ein kleines Stück steigen wir den Grat hinauf. Auch hier finden wir nur loses Geröll vor; der Gipfel scheint zwar nicht mehr weit und die Schwierigkeit ist mit 1b angegeben, aber zuviel Respekt vor dem oft unvorhersehbar abrutschenden Gestein und die Einsicht in fehlende Zeit und Ausrüstung lassen uns auf einen Weiterweg nach oben verzichten.

Pause auf dem Bergsattel

Aber auch der Abstieg ins Nachbartal sieht schlimm genug aus:
ein mit großen Blöcken durchsetztes Schneefeld, auf dem in gespenstiger Lautlosigkeit immer wieder Felsstücke und Steine talwärts rutschen, daneben ein Geröllhang, der nochmals deutlich steiler als beim Aufstieg zu sein scheint.

Zunächst machen wir Pause, essen und fotografieren.
Genau am Rand des Schneefeldes, im steilen Geröll, beginnen wir dann den Abstieg in den Talkessel. Nebenan auf dem Schnee sausen immer wieder Steine und Felsbrocken, die sich weiter oben aus dem in der Nachmittagssonne tauenden Schneeefeld gelöst haben, an uns vorbei ins Tal.
Später wird der Felshang so steil, daß wir doch auf den Schnee ausweichen müssen und uns dort vorsichtig, um auf dem Hang nicht loszurutschen, talwärts vortasten.

Nach einer erneuten steilen Fels- und Geröllpassage erreichen wir endlich den Rand des Gletschers. Vorsichtig, weil wir nicht wissen, ob es Spalten im Eis gibt, gehen wir talwärts.

Abstieg in den Talkessel

Auf dem Gletschereis

Im Altai-Gebirge gibt es über 700 Gletscher (je nach Abgrenzung zählt man auch fast 1500) mit einer Gesamtfläche von etwa 900 km2.
Vergletschert sind vor allem die Nordhänge der Hauptkämme des Gebirges über 3000m, wie zum Beispiel die Gebirgsketten um die Flüsse Tschuja und Katun. In der Katun-Kette ist es insbesondere das Gebiet um die Belucha selbst, wo um den Gipfel mehrere, bis zu 9 km2 große Gletscher zu finden sind.
Damit ist das Gebirge nach dem Kaukasus eines der bedeutendsten Gletschergebiete Russlands.
Der längste Gletscher ist mit ca. 11 km der Mensu-Gletscher, der auf der Nordostseite der Belucha bis auf etwa 2300m hinunterreicht.

Einige Tropfen Regen fallen zwischendurch, aber bald danach ist die Sonne wieder da. Dem Gletschereis folgt ein langer Abstieg über große Geröllbrocken - jeder Schritt muß überlegt sein, viele Steine sind lose und kippen beim Betreten. Die ständige Aufmerksamkeit ist anstrengend - abends werde ich mich mit Kopfschmerzen herumplagen müssen.

Auf dem Geröllfeld überm Akkemsee

Endlich erreichen wir den Gletscherbach, steigen in dessen Tal zunehmend zwischen kleinen Bäumen hinab zum Akkemsee, den wir sehnsüchtig näher kommen sehen. Dort angekommen, sind wir alle ziemlich am Ende unserer Kräfte.
Bezüglich unserer Pläne zur Rückreise gibt es eine Neuigkeit: Eine Chance, mit dem Hubschrauber wieder Richtung Tjungur mitgenommen zu werden, ist in der nächsten Zeit kaum gegeben. Die wenigen Versorgungsflüge gehen meist weiter Richtung Kasachstan.

An diesem Abend kochen wir russische Nudeln und sitzen noch lange beim Tee zusammen.



9. August
Vor der Banja

Heute ist Ruhetag.
Wir schlafen aus bis um 10 Uhr, dann gibt es Kaffee und Kascha (oje) - ich greife stattdessen zum Brot.

Nach Rücksprache mit den KCC-Leuten können wir heute die Sauna nutzen. Jörg und Tobias "Hoppel" wollen also Holz beschaffen gehen.
Abkühlung im Akkemsee
(4° Celsius)

Inzwischen kommt der für gestern angesagte Hubschrauber vorbei - Stephen und Christian eilen hin, verpassen ihn aber. Damit müssen wir nun die letzte Hoffnung aufgeben, nicht wieder mehrere Tage zu Fuß nach Tjungur zurücklegen zu müssen.

Eine weitere Begegnung steht aber noch an:
Wir treffen eine andere Leipziger Gruppe, von deren Vorhaben, ebenfalls zum Akkemsee vorzudringen, wir gehört hatten. Ohne offizielle Einladung allerdings waren die Sportfreunde gezwungen, möglichst unerkannt etwas weiter oberhalb am Akkemsee wild zu zelten - eine traditionelle UdF-Reise(*) also.

Am Nachmittag genießen wir die russische Form der Sauna - die "Banja". Ein Holzfeuer erhitzt den Ofen und die Steine, die die Wärme halten und auf die man regelmäßig mit der Kelle Wasser und verschiedene Essenzen gibt - wohltuende Dampfwolken erfüllen dadurch den Saunaraum. Dies wird regelmäßig unterbrochen durch Rausrennen und Sich-Hineinstürzen in den Akkemsee.
Zusätzlich verfeinernen konnten wir das Ritual durch regelmäßige Darreichung von frisch gebrühtem Kaffee.

Auch an diesem Abend sitzen wir lange beim Tee zusammen und diskutieren unsere Erlebnisse und Erfahrungen. Auch wenn eine Besteigung der Belucha nicht möglich sein wird, wollen wir in den nächsten zwei Tagen zumindest so hoch wie möglich Richtung Belucha vordringen.



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