China 1993: Von Peking in den Tienschan


Zugfahrt durch die Wüste

Am 28.08. sollte es nun weitergehen mit dem Urumqi-Express in den Nordwesten Chinas, in die Autonome Region Xinjiang. Die Zugfahrt dauert etwas über 3 Tage, und wir hatten viel Geld ausgegeben und Platzkarten für den "Soft-Sleeper" gekauft.
Schaffnerin
Das Hotel mußten wir bis 10:00 Uhr verlassen, wir fuhren also mit dem Bus zum Bahnhof, um dort das Gepäck erstmal abzustellen, denn der Zug sollte erst am späten Abend fahren. Interessanterweise waren die Busfahrkarten für die Rucksäcke deutlich teurer als für Personen.
Am Hauptbahnhof angekommen, bahnten wir uns einen Weg durch die wartenden Menschenmassen (manche Familien warten hier mehrere Tage auf die Abfahrt ihres Zuges) bis in den 1.Klasse-Warteraum.
Die Gepäckfächer waren aber alle belegt, wir entschlossen uns also, hierzubleiben und zu warten. Mit Lesen, Postkarten schreiben und Erfahrungsaustausch mit anderen Touristen (Russen, Franzosen und eine Deutsche, die nach China geheiratet hat) verging die Zeit.
Der 1.Klasse-Warteraum hat einige Vorteile: Angenehm temperiert, weiche Sessel, ordentliche Toiletten, bereitstehendes Heißwasser (für Tee und Instant-Suppen !) und eine englischsprachige Anzeigetafel. Manchmal in Reiseführern auch als Ausländer-Warteraum bezeichnet, dürfen hier alle rein, die eine 1.Klasse-Fahrkarte ("Soft-Sleep" oder "Soft-Seat") besitzen. Gegen Abend gab es eine Razzia im Wartesaal - wer kein 1.Klasse-Ticket vorweisen konnte, wurde des Raumes verwiesen. Dieses traf auch Ausländer, die nur "Hard-Sleep"-Fahrkarten hatten.

Die erwähnte Anzeigetafel klärte uns dann später auch darüber auf, daß unser Zug mehrere Stunden Verspätung hat. Angeblich ist die chinesische Eisenbahn sonst sehr pünktlich.
Also schnell nochmal zum Bahnhofskiosk - "Red Wine" kaufen. So überstanden wir auch die nächsten Stunden, bis gegen 1:10 Uhr nachts die Aufforderung zum Einchecken kam. Es ist ein weiterer Vorteil der 1.Klasse, daß man vor dem "gemeinen Volk" auf den Bahnsteig darf und auf diese Weise halbwegs in Ruhe sein Abteil beziehen kann.
Versorgung an Haltepunkten
Wir waren mit zwei Taiwanesen im 4-Bett-Abteil. Zunächst kamen wir nicht zum Schlafen: Nach Abfahrt des Zuges findet erst allgemeines Fahrkarten-Einsammeln und Paßnummern-Aufschreiben statt. Wenn dann doch irgendwann Ruhe einkehrt, läßt es sich erstaunlich gut schlafen.

Den ganzen nächsten Tag fahren wir durch Lößlehmlandschaft mit Terrassen und Schluchten und irgendwann auch über den Gelben Fluß.
Am Nachmittag versuchten wir, den Speisewagen zu benutzen. Es saßen lauter Schaffner drin, einer von ihnen hielt einen Vortrag. Wir setzten uns an einen freien Tisch, aber es tat sich nichts. Erst später wurde uns klar, daß wir wohl eine Parteiversammlung gestört haben ...
Als wir gehen wollten, bekamen wir auch noch einen militärischen Ausmarsch der Schaffner(innen) zu sehen:

Alles auf !
Rechts um !
Zur Arbeit marsch !
Später sind wir bei den Gerüchen, die aus Richtung Speisewagen kommen, froh, daß wir auf eigene Instant-Nudelsuppe und Brot zurückgegriffen haben.
Auf diese Weise verpflegt man sich normalerweise die gesamte Zugfahrt. An Haltepunkten warten kleine Imbißwagen am Bahnsteig, wo man Kekse und vor allem Instant-Suppen kaufen kann. Diese werden mit heißem Wasser angerichtet, welches in der 1.Klasse in Thermoskannen immer verfügbar ist. Außerdem haben wir, für einige Tage Selbstverpflegung ausgerüstet, noch Brot und Salami dabei.

Fahrt durch die Wüste
Am zweiten Tag wird es bergig, der Zug kommt kaum noch voran. Wir sehen die schneebedeckten Viertausender des Qilian-Shan-Gebirges. Die Gegend wird immer öder, nur noch sehr vereinzelt sind Ortschaften zu sehen. Wir vertreiben uns die Zeit mit Lesen.

Am 31.08. wird es Ernst: Kommende Nacht ist Ankunft. Den ganzen Tag geht es schon durch die Wüste. Auf der linken Seite die Wüste Takla Makan, auf der rechten Seite die Wüste Gobi. Zeitweise führen die Gleise den Weg der alten Seidenstraße entlang. Wir kommen an den "Flammenden Bergen" vorbei, den letzten Ausläufern des Tienschan-Gebirges.

Mit 6 1/2 Stunden Verspätung erreichen wir nachts gegen 0:15 Uhr Urumqi. Mit dem Aussteigen sind wir aber noch nicht von der chinesischen Bahn entlassen: Kontrolliert durch lange Ketten von uniformierten Bahnangestellten geht es in ordentlicher Zweier-Reihe zum Ausgang, wo noch einmal die Fahrkarten kontrolliert werden. Erst vor dem Bahnhof sind wir wieder für uns selbst verantwortlich.







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